China
Einleitung
Das bevölkerungsreichste Land der Erde hat mit 1,3 Milliarden
mehr Einwohner als die Europäische Union und Afrika zusammen.
Seit ihrer Gründung 1949, als sich nach dem Bürgerkrieg
die Kuomintang nach Taiwan zurückzog, wird die Volksrepublik
von der Kommunistischen Partei Chinas regiert.
Die Bezeichnungen China und Sino- stammen wahrscheinlich
von dem chinesischen Wort Qín. Im Chinesischen ist
Qín der Name der Dynastie des Gründungskaisers
des chinesischen Reiches. Über mehrere Stationen und
Sprachen gelangten der Begriff entlang der Seidenstraße
bis nach Europa. Das chinesische Äquivalent zu unserem
Wort "China" ist Zhongguó, das im Deutschen
recht gut mit Reich der Mitte wiedergegeben ist.
Die Volksrepublik China ist flächenmäßig
der drittgrößte Staat der Erde und umfasst das
gesamte als China bekannte kulturell-geografische Gebiet
Asiens, mit Ausnahme Taiwans und einiger kleiner Inseln vor
der Küste Fujians. Der politische Status Taiwans ist
nach wie vor umstritten; die mit 23 Millionen Einwohnern
dichtbevölkerte Insel heißt offiziell Republik
China. Weitere Bezeichnungen für die VR China sind der
veraltete Begriff Rotchina und das vor allem im englischen
Sprachraum verbreitete Festlandchina (Mainland China). Beide
Begriffe schließen die an der Küste gelegenen
Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao aus, die seit 1997
bzw. 1999 zum Staatsgebiet gehören.
Das Staatsgebiet gliedert sich in 22 Provinzen und 5 Autonome
Gebiete (siehe Administrative Gliederung der VR China). Davon
machen die größten 3 Provinzen 45 % der Staatsfläche
aus: Xinjiang und Tibet im Westen sowie die Innere Mongolei
im Norden. Allerdings sind diese Gebiete mit einem Anteil
von 4 % an der Bevölkerung der Volksrepublik sehr dünn
besiedelt.
Die Volksrepublik China wurde bis in die 1990er Jahre als
Entwicklungsland eingestuft, entwickelt sich aber seit ihrer
teilweisen Öffnung nach der "Kulturrevolution" zunehmend
zu einer Großmacht. Sie vertritt international die "Ein-China-Politik",
deren offizielle Anerkennung sie seit Anfang der 70er Jahre
auch im Westen durchsetzt. Wirtschaftlich weist China derzeit
eine hohe Dynamik auf, so dass der aktuelle Fünfjahrplan
bereits eine Drosselung gegen eine allfällige Überhitzung
vorsieht.
Um das rasche Bevölkerungswachstum einzudämmen,
gilt die Ein-Kind-Politik, die allerdings in den letzten
Jahren gemildert worden ist. In den letzten Jahrzehnten hat
sich die Zunahme der Bevölkerung von über 3 % auf
1–2 % eingependelt.
Bevölkerung
China ist das bevölkerungsreichste Land der Erde, und
viele seiner Regionen gehören zu den am dichtesten besiedelten
der Welt. In der Geschichte des Landes waren Überbevölkerung
und die damit verbundenen Probleme bei der Ernährung
der Menschen Ursache für tiefe politische und wirtschaftliche
Krisen und Hungersnöte. Die Volksrepublik China geht
deshalb in der Bevölkerungspolitik Wege, die weltweit
einzigartig sind und im Inland wie Ausland Kontroversen auslösen.
Außenpolitik
Im Bereich der Außenpolitik - soweit sie den Außenhandel,
der an anderer Stelle behandelt wird, nicht betrifft - verfolgt
die Volksrepublik vor allem die weltweite Durchsetzung der
Ein-China-Politik und die Anerkennung der chinesischen Herrschaft über
Tibet und Ostturkestan sowie die Bekämpfung von Separatismus
und Terrorismus. Zu diesem Zwecke wurde zusammen mit Russland
und einigen zentralasiatischen Staaten die Shanghai Cooperation
Organization (SCO) gegründet, die zunächst nur
gegen Separatismus und Terrorismus gerichtet war, sich inzwischen
aber zu einem Machtblock im Kampf um politischen Einfluss
und die Rohstoffe in Zentralasien entwickelt hat.
Administrative Gliederung
Die Volksrepublik China ist administrativ in 22 Provinzen,
5 autonome Gebiete, 4 regierungsunmittelbare Städte
und die Sonderverwaltungsgebiete Hongkong und Macao aufgeteilt.
Darüber hinaus betrachtet die chinesische Führung
Taiwan als "abtrünnige" Provinz der Volksrepublik,
jedoch gelangte die Insel seit dem Bestehen der Volksrepublik
1949 nie unter deren Herrschaftseinfluss.
Wirtschaft
Wirtschaftsgeschichte
Landwirtschaftliche RegionenNachdem im Jahr 1949 die Volksrepublik
China ausgerufen wurde, interessierte im Ausland vor allem
die Frage, wie das Land wohl jemals seine riesige Bevölkerung
ernähren wolle. Mehr als 50 Jahre später sieht
sich die Welt einem Land gegenüber, das nicht nur seine
Bevölkerung ernährt, die sich seither mehr als
verdoppelt hat, sondern welches außerdem einen schnell
wachsenden Teil davon mit Mobiltelefonen und Computern versorgt
und dazu zu den größten Exportnationen der Welt
gehört. Die Wirtschaftspolitik unter Mao Zedong war
von der Einführung einer Planwirtschaft nach sowjetischem
Vorbild geprägt. Ein Plan sollte den Markt bei der Verteilung
von Ressourcen und Investitionen ersetzen. Das Ziel war,
eine schnellstmögliche Industrialisierung und höchstmögliches
Wirtschaftswachstum zu erreichen. Dabei wurde die Planwirtschaft
in einigen Bereichen entscheidend an die chinesischen Verhältnisse
adaptiert. Zum einen sah sich China nicht in der Lage, genug
planerische und administrative Kräfte aufzubringen,
um eine Planwirtschaft nach streng sowjetischem Vorbild einzuführen.
Anstelle dessen wurden bereits in den 1950er Jahren Maßnahmen
zur Dezentralisierung getroffen und den Verantwortlichen
auf Provinz- und Betriebsebene mehr Freiraum zur Umsetzung
der Vorgaben gegeben. Zum anderen legte Mao großen
Wert auf autarke Entwicklung. Nicht nur China, sondern auch
einzelne Provinzen oder Regionen sollten sich selbst versorgen
können. Dadurch isolierte sich das Land vom Rest der
Welt gerade in einer Zeit, als andere Entwicklungsländer
durch aktive Förderung der Integration in den Weltmarkt
einen wirtschaftlichen Aufholprozess erfuhren.
Der dritte Unterschied zum sowjetischen Wirtschaftsmodell
lag darin, dass Mao in der Wirtschaftsentwicklung auf Massenkampagnen
setzte, etwa den Großen Sprung nach vorn oder die Kulturrevolution.
Diese beiden vor allem politisch motivierten Bewegungen warfen
das Land jedoch um viele Jahre zurück, Historiker schätzen
heute, dass der Große Sprung nach vorn (1959-61) bis
zu 30 Millionen Menschen das Leben gekostet hat: die meisten
verhungerten, weil Maos Politik zu gewaltigen Missernten
führte. Die Kulturrevolution (1966-1976) legte China
für ein ganzes Jahrzehnt praktisch lahm: Schulen und
Universitäten waren geschlossen, man hatte im maoistischen
Slang "rot" zu sein (also politisch korrekt) und
kein "Experte" (also technisch oder ökonomisch
fähig).
Das wirtschaftliche Erbe Maos ist somit zwiespältig:
Einerseits wuchs das BIP zwischen 1952 und 1975 um jährlich
durchschnittlich 6,7 %, die Möglichkeiten für Bildung
(insbesondere für Frauen), medizinische Versorgung und
soziale Sicherheit erreichten ein Niveau, das es in der Geschichte
des Landes zuvor nie gegeben hatte und der Anteil der Industrie
an der Wirtschaftskraft wurde von etwa 20 % 1952 auf 45 %
1975 gesteigert. Diese Erfolge beruhten jedoch größtenteils
auf der Mobilisierung zusätzlicher Ressourcen, die Investitionen
wurden zunehmend ineffizienter und das relativ hohe Wirtschafswachstum
konnte nur zu einem sehr geringen Anteil in höheren
Konsum der Bevölkerung umgesetzt werden. Letzten Endes
musste Mao sich auch selbst eingestehen, dass sich seine
von utopischen Visionen geleitete Wirtschaftspolitik in einer
Sackgasse befand. Er brachte in den frühen 1970er Jahren
die wirtschaftlich pragmatischen Politiker Deng Xiaoping
und Zhou Enlai zurück an die Macht, obwohl sie vorher
schon in Ungnade gefallen waren.
Der Tod von Mao 1976 eröffnete die Möglichkeit
zu Reformen. Es ist unwahrscheinlich, dass eine Fortsetzung
der Wirtschaftspolitik, wie sie unter Mao gemacht wurde,
noch lange möglich gewesen wäre. Deng Xiaoping
ging die dringendsten Probleme daher zuerst an und erlaubte
lokalen Parteiführern schrittweise, die Kollektivierung
der Landwirtschaft zurückzunehmen. Die Bauern hatten
von da an Eigentumsrechte an ihren Produkten, Landbesitz
war jedoch weiterhin nicht möglich. Landwirtschaftliche
Produkte wurden bald wieder auf den frei zugänglichen,
ländlichen Märkten gehandelt. Ab Mitte der 1980er
Jahre wurden auch nicht-staatliche Unternehmen in der Industrie
zugelassen und die Staatsunternehmen mussten auf den sich
entwickelnden Märkten mit Privatunternehmen konkurrieren.
Später wurde es ausländischen Unternehmen erlaubt,
in China zu investieren und der Außenhandel wurde liberalisiert.
Auch institutionelle Reformen an staatlichen Investitionen
oder dem Steuersystem wurden notwendig. An den politischen
Rahmenbedingungen wurde jedoch zunächst nichts geändert,
weshalb das Wirtschaftssystem als Staatskommunismus oder
offiziell als „sozialistische Wirtschaft chinesischer
Prägung“ bezeichnet wurde. Im Jahre 1995 wies
die Wirtschaft ein stabiles hohes Wachstum auf, das vorher
isolierte Land war der siebentgrößte Teilnehmer
am internationalen Handel und der Lebensstandard wuchs schnell,
wobei die Konsumausgaben der Haushalte zu konstanten Preissteigerungen
um jährlich mehr als 7 % führten. Seitdem stellt
sich die Frage, wie lange die chinesische Wirtschaft noch
in diesem Tempo wachsen kann. Mittlerweile gibt es in China
kaum noch Marktsegmente, welche man leicht liberalisieren
könnte, um damit ein schnelles und vor allem großes
und nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erzeugen. Dazu gibt
es einige wirtschaftliche Problemfelder, zu deren Lösung
es schmerzhafter Einschnitte bedarf. Dazu gehören Staatsunternehmen,
die nicht privatisiert wurden und die teils hohe Verluste
machen. Diesen Staatsunternehmen werden durch die Staatsbanken
immer neue Kredite zur Verfügung gestellt, um sie am
Leben zu halten. Dadurch haben die dominierenden staatlichen
Banken hohe Summen an faulen Krediten angehäuft, wodurch
das Bankensystem illiquid geworden ist. Sollten die Bankkunden
plötzlich in einem Bankensturm ihre Einlagen zurückverlangen,
so könnten die Forderungen nicht bedient werden. Eine
Reform des staatlichen Sektors wird von der Regierung der
Volksrepublik aber nur sehr zögerlich angegangen, denn
es ist zu befürchten, dass eine Schließung von
unrentablen Staatsunternehmen zu einer stark steigenden Arbeitslosigkeit
in den Städten führen würde. Die heutige Phase
wird angesichts des zunehmenden Gewichts der Privatwirtschaft
in China von ausländischen Wirtschaftsführern und
Politikern oft als Chinas Übergang von der Plan- zur
Marktwirtschaft bezeichnet. Chinaexperten wie der deutsche
Politikwissenschaftler Sebastian Heilmann weisen jedoch darauf
hin, dass in China keineswegs die freie Marktwirtschaft regiert,
vielmehr sprechen sie von einem autoritären "Kader-Kapitalismus":
Wirtschaftlich erfolgreich sind meist Unternehmer mit guten
Beziehungen zu den Mächtigen, Korruption ist ein großes
Problem. Das Wirtschaftswachstum betrug 2005 9,8% und war
somit das höchste der Welt! Für 2006 wird ein Wachstum
zwischen 10% und 11% erwartet.
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