Estland
Estland (estnisch Eesti) ist ein Staat in Nordeuropa und
Mitglied der Europäischen Union.
Geographie
Estland grenzt an Lettland, Russland sowie an die Ostsee. Über
den Finnischen Meerbusen hinweg bestehen enge Beziehungen
zu Finnland. Das Land ist flächenmäßig etwas
kleiner als Niedersachsen und etwas größer als
die Schweiz. Im Süden des Landes befindet sich die höchste
Erhebung, der Suur Munamägi (318 m). Der größte
See ist der Peipsi Järv (Peipussee). Vorgelagert befinden
sich 1520 Inseln, die größte davon ist Saaremaa.
Flora und Fauna
Auffällig ist der reiche Baumbewuchs, rund 44% der Landesfläche
sind bewaldet. Neben Hirschen, Rehen und Füchsen kommen
auch Elche (2000-3000), Biber, Marder, die sehr seltenen
Schneehasen (ca. 200) und vereinzelt Rentiere vor. Auch sind
die großen Raubtierarten Braunbär (ca. 800!) und
Wolf (ca. 600) in Estland heimisch, ebenso der Luchs (ca.
2000). Immer wieder hört man vereinzelt von Hunden und
Schafherden, die angeblich von Wölfen angefallen werden.
Wolf, Bär und Luchs sind in Estland jagbar, wobei der
Beitritt zur EU hier - in Estland oft kritisierte - Einschränkungen
gebracht hat, zumal es sich bei der Luchsjagd um reinen "Sport" handele.
Bevölkerung
Die Einwohner Estlands (2003) gehören folgenden Nationalitäten
an:
Esten 68,4%
Russen 25,7%
Ukrainer 2,1%
Weißrussen 1,2%
Finnen 0,8%
sonstige 1,7%
Mittlerweile lassen sich zahlreiche Ausländer einbürgern.
Das Einbürgerungsverfahren ist jedoch mit einem Sprachtest
verbunden, den viele vor allem ältere Russen als unzumutbar
empfinden, da sie es heute noch ablehnen, Estnisch zu lernen.
40.000 Esten leben in Russland.
Größte Städte
Stadt Kreis Einwohner
31.3.2000 Einwohner
1.1.2005
Tallinn Harju 400.378 396.010
Tartu Tartu 101.169 101.483
Narva Ida-Viru 68.680 67.144
Kohtla-Järve Ida-Viru 47.679 46.032
Pärnu Pärnu 45.500 44.396
Viljandi Viljandi 20.756 20.354
Sillamäe Ida-Viru 17.199 16.678
Rakvere Lääne-Viru 17.097 16.786
Maardu Harju 16.738 16.601
Kuressaare Saare 14.925 14.897
Võru Võru 14.879 14.609
Valga Valga 14.323 13.980
Jõhvi Ida-Viru 12.112 11.533
Haapsalu Lääne 12.054 11.809
Paide Järva 9.642 9.744
Keila Harju 9.388 9.401
Kiviõli Ida-Viru 7.405 6.992
Religion
Ein Großteil der Esten ist heute konfessionslos.
Religion spielt nur noch für eine Minderheit der Bevölkerung
eine Rolle. Traditionelle Religion der Esten ist der christliche
Glaube in der Form des protestantischen Luthertums, wie er
in Skandinavien weit verbreitet ist. Dennoch ist die Estnische
Evangelisch-Lutherische Kirche (EELK) eine quasi offizielle
Kirche (Gottesdienste zu Parlamentseröffnungen usw.)
und ihr Erzbischof die Zentralfigur der estnischen öffentlichen
Religion; die EELK dominiert auch die relativ umfassende
Theologenausbildung in Estland (in Tartu an der Universität
und in Tallinn an der Kirchlichen Hochschule). Heute bekennen
sich noch etwa 32 % der Bevölkerung als Mitglieder in
christlichen Kirchen beziehungsweise Glaubensgemeinschaften.
Davon sind:
15 % evangelisch-lutherisch
14 % orthodox
0,5 % Baptisten
0,5 % römisch-katholisch
Daneben gibt es kleinere Gemeinden sonstiger protestantischer,
jüdischer und islamischer Gemeinschaften.
Geschichte
Estland stand bis zum Ende des Nordischen Krieges unter schwedischer
Herrschaft (die letzten schwedischsprachigen Bewohner wurden
während der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg
nach Schweden repatriiert). Bis zu dieser Zeit wurde in Teilen
Estlands, vor allem auf den Inseln Hiiumaa (Dagö), Vormsi
und Ruhnu (Runö) noch Estlandschwedisch gesprochen.
Dieser Dialekt, der mit dem Finnlandschwedischen zu den Ostschwedischen
Sprachen zählt, hat sich mit der Zeit durchaus zu einer
selbstständigen Sprache entwickelt. Während des
Zerfalls des Russischen Reiches im Verlauf der Oktoberrevolution
erlangte Estland 1918 seine Unabhängigkeit. In den Jahren
1939/40 wurden die Deutschbalten von den Nationalsozialisten
aus Estland und Lettland "heim ins Reich" geholt.
Grund war die im Geheimabkommen zum Hitler-Stalin-Pakt geschlossene
Vereinbarung, das Baltikum dem sowjetischen Einzugsbereich
zu überlassen. Unter dem Druck der Sowjetunion "traten" die
baltischen Staaten 1940 der Sowjetunion "bei" (Estnische
Sozialistische Sowjetrepublik), nachdem sie zuvor bereits
russische Truppen dulden mussten. Von 1941 bis 1944 war das
Land von deutschen Truppen besetzt und beteiligte sich nun
als Teil des Generalkommissariats Ostland an der Genozid-Politik
des Dritten Reiches. Aufgrund der Erfahrungen mit den Sowjets
schlossen sich auch Esten den deutschen Truppen an, allerdings
kämpften ebenso Esten auf der sowjetischen Seite. Nach
der erneuten Besetzung durch die Rote Armee im Herbst 1944
wurde, als Folge der Konferenz von Jalta, das Land in die
SU eingegliedert. Deportierungen folgten.
Im August 1991 wurde Estland nach mehrjährigen Bemühungen
insbesondere seit 1988 wieder unabhängig. Der Begriff
der singenden Revolution zeigte den überwiegend friedlichen
Verlauf der Befreiungsbemühungen. Es wurde am 2. April
2004 NATO-Mitglied. Die estnische Bevölkerung befürwortete
am 14. September 2003 in einem Referendum den Beitritt zur
Europäischen Union. Am 1. Mai 2004 wurde daraufhin Estland
in die EU aufgenommen. Noch 2001 waren in Umfragen nur 30
Prozent dafür und 51 Prozent gegen den Eu-Beitritt;
2004 wurde die grosse russische Minderheit vom Referendum
ausgeschlossen.
Politik
Europäisches Währungssystem
Am 27. Juni 2004 traten Estland und weitere zwei der 10 neuen
EU-Länder dem Wechselkursmechanismus II bei - was der
erste Schritt ist, um in frühestens 2 Jahren den Euro
einzuführen. Estland, Litauen und Slowenien legten die
Leitkurse ihrer Währungen zum Euro fest und verpflichten
sich ab sofort, die Schwankungen unter ± 15 % zu halten.
Der Leitkurs für die estnische Krone ist nun 15,6466
pro Euro, was eine maximale Schwankungsbreite von (gerundet)
13,30 bis 17,99 Kronen bedeutet. Entsprechender Kurs ergibt
sich auf die 1993 festgelegte Kopplung der Krone zur D-Mark
im Verhältnis 1 DEM = 8 EEK. Weiterhin verpflichtet
sich Estland (wie auch Litauen) zu einer nachhaltigen Haushaltspolitik.
Abstimmung zur EU-Mitgliedschaft
Am 14. September 2003 stimmten die Esten über den Beitritt
zur Europäischen Union ab. Die Wahlbeteiligung lag bei
64 %. Mit einer Mehrheit von 66,9 % Ja-Stimmen zu 33,1 %
Nein-Stimmen votierten die Bürger für die Mitgliedschaft
in der EU; das ist die niedrigste Zustimmungsrate aller zentral-
und osteuropäischen EU-Neumitglieder.
Ergebnisse der Europawahlen 2004
Wahlbeteiligung: 26,89 %
Partei % Sitze
Sozialdemokraten 36,8 3
Zentrumspartei 17,5 1
Vaterlandsbund 10,5 1
Reformpartei 12,2 1
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Grenzvertrag mit Russland
Am 18. Mai 2005 wurde in Moskau der seit 1999 ausverhandelte
Grenzvertrag mit Russland unterzeichnet. Die Verzögerung
hing mit der Weigerung des russischen Präsidenten Putin
zusammen, die estnische Sicht der Annexion 1940 (Estnische
Sowjetrepublik) zu akzeptieren (siehe auch Vertrag von Dorpat
1920). Am 27. Juni 2005 zog Russland die geleistete Unterschrift
allerdings wieder zurück, da es mit dem estnischen Entwurf
der Präambel nicht einverstanden war, den diese dem
Vertrag voranstellen wollten und in dem auf die "Jahrzehnte
der Besatzung" sowie die vergangenen "Aggressionen
der Sowjetunion gegen Estland" hingewiesen wird. Die
Grenzfrage ist damit weiterhin ungeklärt
Homosexualität
In Estland sind einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen
unter Erwachsenen legal. Unabhängig von der sexuellen
Orientierung liegt das Schutzalter bei 14 Jahren. Schwule
werden vom Großteil der Bevölkerung ignoriert
und leben ihre Sexualität mehr oder weniger im Verborgenen.
In Estland gibt es für Lesben und Schwule weder gesetzlichen
Antidiskriminierungsschutz noch die Möglichkeit einer
gesetzlich eingetragenen Partnerschaft.
Verwaltungsgliederung
Estland gliedert sich in 15 Landkreise (estnisch pl. maakonnad,
sing. maakond):
Kreis Verwaltungssitz
Harju Tallinn
Hiiu Kärdla
Ida-Viru Jõhvi
Jõgeva Jõgeva
Järva Paide
Lääne Haapsalu
Lääne-Viru Rakvere
Põlva Põlva
Pärnu Pärnu
Rapla Rapla
Saare Kuressaare
Tartu Tartu
Valga Valga
Viljandi Viljandi
Võru Võru
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Infrastruktur
Das Verkehrsnetz ist gut ausgebaut. Die Straße und
die Schifffahrt auf der Ostsee spielen die wichtigste Rolle,
im Güterverkehr zudem auch die Eisenbahn in Form der
Gesellschaft Eesti Raudtee. Hochseehäfen befinden sich
in Tallinn, Pärnu und Sillamäe. Von Süden
nach Norden wird das Land von der Via Baltica durchquert.
Am 28. September 1994 sank die estnische Fähre Estonia
vor der Küste Finnlands auf der Überfahrt nach
Stockholm, nachdem die Bugklappe auf hoher See abbrach. Bei
dem Unglück starben 852 Menschen.
Wirtschaft
Nach skandinavischem Vorbild organisierte Estland nach dem
Fall der Mauer sein Gemeinwesen völlig um: wenig Hierarchien,
viel Transparenz der staatlichen Organe, moderne Kommunikationstechnik.
Dies hat sich schnell bezahlt gemacht.
BIP
Seit der Überwindung der Russlandkrise von 1998/99 wachst
die Wirtschaft aller drei baltischer Staaten, allerdings
ausgehend von einem niedrigen Ausgangszustand nach der Krise.
In Estland lag der Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes (BIP)
(real) seither bei jährlich mindestens 5 %, (2004) bei
6,2%, 2005- voraussichtlich 8,5 %.
Das BIP 2004 erreichte damit 2004 9,0 Mrd. €, das entspricht
6.703€ pro Einwohner (zum Vergleich: Deutschland: 26.400 €).
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