Niederlande
Die Niederlande (niederländisch Nederland) sind Teil
des Königreichs der Niederlande in Westeuropa. Sie sind
einer der am dichtesten besiedelten Staaten der Welt. Rund
ein Viertel des Landes liegt unterhalb des Meeresspiegels
und ist mit rund 3.000 km Deichen geschützt.
Im deutsch- und englischsprachigen Raum wie auch in den
Niederlanden selbst wird anstelle der offiziellen und korrekten
Bezeichnung Niederlande umgangssprachlich häufig der
Name Holland für das gesamte Staatsgebiet verwendet.
Diese Bezeichnung stammt von der alten Grafschaft Holland
her und bezieht sich eigentlich nur auf die heutigen Provinzen
Nord- und Südholland. - Siehe dazu auch die Rubrik "Die
Niederlande im deutschen Sprachgebrauch" am Seitenende.
Geschichte
Nach der Aufteilung des Frankenreiches gehörten die
niederen Lande zum ostfränkischen Königreich (Regnum
Teutonicae) und danach zum Heiligen Römischen Reich
Deutscher Nation. Unter Kaiser Karl V., der zugleich spanischer
König war, war das Land in siebzehn Provinzen aufgeteilt
und umfasste auch den Großteil des heutigen Belgiens.
Nach der Unabhängigkeitserklärung der sieben nördlichen
Provinzen (Allianz von Utrecht) vom 23. Januar 1579 und dem
folgenden Achtzigjährigen Krieg gegen die spanischen
Habsburger wurde die formelle Unabhängigkeit von Spanien
im Westfälischen Frieden am 15. Mai 1648 besiegelt,
der, gleichzeitig mit der Schweiz, zur Trennung vom mittelalterlichen
deutschen Reich führte. Dieses Datum gilt als Geburtstag
der heutigen Niederlande.
In der Folge wuchsen die Niederlande (de nederen duitsche
landen) als Republik der Vereinigten Niederlande, zu einer
der größten See- und Wirtschaftsmächte des
17. Jahrhunderts. Während dieser Zeit wurden Kolonien
und Handelsposten auf der ganzen Welt errichtet. Bekannt
ist die Gründung von Nieuw Amsterdam, welches später
in New York umbenannt wurde. In Asien schufen die Niederländer
ihr Kolonialreich 'Nederlands-Indie', das heutige Indonesien,
welches erst 1946 unabhängig wurde. Auch im nordöstlichen
Südamerika (Surinam) und der Karibik entstanden Niederländische
Kolonien (Aruba, Curaçao), (Bonaire), (Saba), (St.
Eustatius) und (St. Maarten); diese Inseln sind heute stiller
Teil der niederländischen Monarchie (Königreich).
1796 wurde mit französischer Unterstützung die
Batavische Republik gegründet (benannt nach dem germanischen
Stamm, der das Gebiet zwischen Rhein und Maas zuerst besiedelt
hatte, den Batavern); 1806 machte Napoleon daraus das Königreich
Holland.
Nach der Einverleibung durch Frankreich unter Napoleon I.
wurde 1815 das Königreich der Niederlande gegründet,
das auch das heutige Belgien umfasste. Erster König
wurde Wilhelm I. aus dem Haus Oranien-Nassau. Belgien und
damit das die niederfränkischen Flandern erlangte nach
der belgischen Revolution von 1830 seine Unabhängigkeit,
die allerdings erst 1839 von Wilhelm I. anerkannt wurde.
Der niederländische König war gleichzeitig Großherzog
von Luxemburg, wo das Salische Gesetz kein weibliches Staatsoberhaupt
zuließ. Als Wilhelm III. bei seinem Tod 1890 nur eine
Tochter (Königin Wilhelmina) hinterließ, ging
der Luxemburger Thron auf eine andere Erbfolgelinie im Haus
Nassau über und Wilhelms Vetter Adolf von Nassau übernahm
dort die Regierung.
Die Niederlande blieben im Ersten Weltkrieg offiziell neutral
und konnten sich auch erfolgreich aus dem Krieg halten. Sie
hielten ihre Truppen aber dennoch bis zum Kriegsende mobilisiert
und hatten überdies mit einer großen Flüchtlingswelle
zu tun.
Auch im Zweiten Weltkrieg versuchte die niederländische
Regierung zunächst, sich aus dem Krieg herauszuhalten.
Anderslautenden Warnungen glaubte sie nicht. Hitler jedoch
befahl die Okkupation der Niederlande um so Frankreich unter
Umgehung der "Maginot Linie" von Norden her einnehmen
zu können. Nach dreitägigem Kampf zwangen die deutschen
Truppen am Abend des 14.Mai 1940 die Niederlande mit dem
Bombardement von Rotterdam zur Aufgabe. Die Innenstadt wurde
durch Bomben und durch die anschließenden Brände
weitgehend zerstört. Es war das erste Flächenbombardement
im zweiten Weltkrieg. Die Niederlande waren von Mai 1940
bis Mai 1945 besetzt. Viele Niederländer arrangierten
sich mit dem Regime und viele Mitläufer verinnerlichten
auch die Ideologie eines großdeutschen bzw. großgermanischen
Reiches. Die Judenverfolgung schlug in den Niederlanden besonders
heftig zu: aus keinem anderen europäischen Land wurde
ein so großer Bevölkerungsanteil abtransportiert.
Noch immer ist die Rolle niederländischer Verwaltungsstellen
und etwa der Niederländischen Eisenbahn beim Abstransport
der Juden nicht restlos geklärt. Die Bevölkerung
hatte aber mehrheitlich unter der Besatzung zu leiden und
auch unter der Judenverfolgung (Anne Frank). Der südliche
Teil der Niederlande wurde in der zweiten Hälfte des
Jahres 1944 von den Alliierten befreit, der Norden des Landes
erst durch das Kriegsende. 1949 kam die westdeutsche Stadt
Elten (bei Kleve) mit Umgebung bis 1963 unter niederländische
Verwaltung. Deren Bewohner blieben formal bundesdeutsche
Staatsbürger, erhielten allerdings niederländische
Pässe und wurden auch niederländischen Staatsbürgern
rechtlich gleichgestellt. Forderungen nach Angliederung von
Teilen des Münsterlandes und des grenznahen Rheinlandes
an die Niederlande, deren Bürger niedersächsische
und niederfränkische Dialekte - ebenso wie in den Niederlanden
- sprachen, konnte sich in den Niederlanden letztlich jedoch
nicht durchsetzen.
Im Februar 1953 verheerte eine Sturmflut den Südwesten
der Niederlande und forderte 1800 Tote.
Die Niederlande sind Gründungsmitglied der Benelux-Wirtschaftsunion
(seit 1944 geplant, am 3. Februar 1958 festgelegt und am
1. November 1960 in Kraft getreten). Sie waren ebenfalls
Mitbegründer der NATO und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
(und damit der Europäischen Union).
In der jüngsten Vergangenheit stand das multikulturelle
politische Toleranzmodell der Niederlande auf dem Prüfstand.
Ihre liberale Politik machte den Weg auch für eingewanderte
radikale Islamisten und so genannte Hassprediger frei: Am
2. November 2004 kam es zum Mord an dem Regisseur Theo van
Gogh. Die Folge des Mordes waren Anschläge auf Moscheen
und Hassbekundungen gegen muslimische Bürger. Große
Bevölkerungsteile fordern seither eine rigorose Politik
gegen gewalttätige Einwanderer und eine Änderung
der zu liberalen Einwanderungspolitik. Zahlreiche Politiker
können seither nur noch unter Polizeischutz arbeiten
und werden weiterhin von Islamisten bedroht.
Politik
Seit dem Ende der französischen Besetzung im Jahre 1815
sind die Niederlande eine konstitutionelle Monarchie mit
dem Königshaus Oranien-Nassau an der Spitze. Es herrscht
allgemeines Wahlrecht ab 18 Jahren.
Gesellschaftspolitik
In den letzten Jahrzehnten wurden die Niederlande unter anderem
für ihre liberale gesetzliche Reglementierung weicher
Drogen (siehe Coffee Shop), der Prostitution (sie ist ein
gesetzlich anerkanntes Gewerbe und Prostituierte sind daher
sozialversichert), von Abtreibung und Sterbehilfe bekannt.Die
Niederlande war auch der erste Staat, welcher die Ehe für
Homosexuelle ermöglicht hat.
Mit Ausnahme der so genannten Randstad (Amsterdam, Rotterdam
und Den Haag) hinken Offenheit und Toleranz in der Bevölkerung
der eigenen liberalen Gesetzgebung teilweise hinterher.
Am 2. November 2004 wurde der islamkritische Filmregisseur
Theo van Gogh in Amsterdam ermordet. In Folge kam es zu Brandanschlägen
auf Moscheen und zu moslemischen Übergriffen auf Kirchen.
Die Vorfälle lösten heftige Diskussionen über
die Integration von Ausländern und über das Zusammenleben
verschiedener Kulturen und Religionen aus.
Wirtschaft
Die Niederlande haben ein gut funktionierendes, offenes Wirtschaftssystem.
Seit den 1980er Jahren hat die Regierung ihre ökonomischen
Eingriffe weitgehend zurückgenommen. Beim produzierenden
Gewerbe dominieren Nahrungsmittel- und chemische Industrie,
Erdölraffinerien und die Herstellung von Elektrogeräten.
Lange vor seinen europäischen Nachbarn sorgte das Land
für einen ausgewogenen Staatshaushalt und bekämpfte
erfolgreich die Stagnation im Arbeitsmarkt.
Die moderne und hoch technologisierte Landwirtschaft ist
außerordentlich produktiv: neben Getreide-, Gemüse-,
Früchte- und Schnittblumenanbau - die Tulpenzüchtung
beeinflusste sogar die Geschichte des Landes - gibt es noch
Milchviehhaltung in großem Maßstab. Letztere
liefert die Grundlage für Käse als wichtiges Exportprodukt.
Die niederländische Landwirtschaft beschäftigt
knapp unter 4 % der Arbeitnehmer, trägt jedoch erheblich
zum Export bei. Die Niederlande sind nach den USA und Frankreich
der weltweit drittgrößte Exporteur landwirtschaftlicher
Erzeugnisse.
Als Mitbegründer der Euro-Zone wurde in den Niederlanden
für Bankgeschäfte am 1. Januar 1999 die vorherige
Währung, der Gulden, durch den Euro ergänzt. Drei
Jahre später, am 1. Januar 2002, ersetzen die Euromünzen
und -banknoten für die Konsumenten den Gulden als Zahlungsmittel.
Literatur
Im „Goldenen Zeitalter“ (De Gouden Eeuw) der
Niederlande blühte neben der Malerei auch die Literatur,
als bekannteste Vertreter wären Joost van den Vondel
und P. C. Hooft zu nennen. Während der deutschen Besatzung
(1940–1945) verfasste Anne Frank in Amsterdam ihr weltbekanntes
Tagebuch. Wichtige Autoren des 20. Jahrhunderts sind Harry
Mulisch, Jan Wolkers und Simon Vestdijk.
Die Niederlande im deutschen Sprachgebrauch
Der grammatikalisch richtige Gebrauch des Namens Niederlande
ist vielen Sprechern nicht geläufig, was zu der gängigen
Verwendung des Namens Holland beiträgt. Niederlande
stellt eine Pluralform dar; vergleichbar mit den USA (die
USA). Den Ländernamen gibt es im Singular nicht.
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